Home-Office – Freiheit mit Nebenwirkungen? Eine persönliche Betrachtung
- Nina Saliternig
- 14. Apr.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 15. Apr.
Home-Office. Wikipedia nennt es „das Büro in den eigenen vier Wänden“. Haufe spricht von „flexiblem Arbeiten von zu Hause“. Und Google fragt unschuldig: „Was ist Home-Office genau?“ – Antwort:
„Home-Office, auch Telearbeit genannt, ist eine flexible Arbeitsform, bei der Beschäftigte ihre Arbeit vollständig oder teilweise aus dem privaten Umfeld heraus ausführen.“
Klingt nüchtern. Sachlich. Fast so, als hätte jemand das Gefühl vergessen, das damit einhergeht. Denn Home-Office ist nicht nur ein Arbeitsmodell – es ist ein Lebensstil. Einer, der verändert. Manchmal befreit. Manchmal überfordert. Und sehr oft beides zugleich.
Zurück in die analoge Vergangenheit 📼
Ich bin Jahrgang 1976. In meiner Kindheit war zu Hause arbeiten so realistisch wie ein Telefon mit Gesichtserkennung. Meine Eltern sind früh aus dem Haus, abends zurück – zu Hause wurde nicht gearbeitet, da wurde gelebt oder gestritten, gekocht, gelernt. Aber nicht „gezoomt“.
Als ich mein Berufsleben in der Hotellerie begann, war Home-Office undenkbar. Der direkte Kontakt mit Menschen, das hektische Tagesgeschäft – das war mein Alltag, mein Antrieb. Kein Tag wie der andere. Die Vorstellung, allein daheim zu sitzen und zu arbeiten? Ehrlich gesagt: unvorstellbar.
Und heute? Zwei Monitore, eine Kaffeemaschine und ich.
Fast 30 Jahre später bin ich angekommen – im Home-Office. Seit zwei Jahren arbeite ich zu 100 % remote. Und ja, das war ein echter Glücksfall. Ich bin daheim, wenn mein Sohn mich braucht. Auch wenn das aktuell meist heißt: „Mama, wann gibt’s Essen?“ oder „Fährst du mich heute zum Training?“ Bald wird selbst das wegfallen – er macht gerade den Motorradführerschein. Kann ich’s verhindern? Nein. Vertraue ich ihm? Ja. Vertraue ich den anderen im Straßenverkehr? Nein. Aber gut – das ist ein anderes Kapitel meines Mama-Daseins.

Home-Office braucht mehr als WLAN – nämlich Haltung
und zwar im doppelten Sinne. Mental – und körperlich. Denn dieses Arbeitsmodell funktioniert nur mit Disziplin, Struktur und einer klaren Trennung von Job und Privatleben. Und nein, es ist kein zusätzlicher Urlaub. Ich kann mit gutem Gewissen sagen: Ich habe noch nie so viel gearbeitet wie jetzt – und ich war jahrelang im Tourismus beschäftigt.
Als Assistentin plagt mich ständig das Gefühl, erreichbar sein zu müssen. Dieser kleine Punkt in Microsoft Teams – der muss grün sein. Immer. Gelb/Grau bedeutet: „Arbeitet die überhaupt?“ – und dieser Gedanke triggert mich. Diese innere Stimme, geprägt von Vorgesetzte, die ihren Kaffee nicht selber kochen konnten, ist schwer loszuwerden. Ich versuche es – an manchen Tagen klappt’s, an anderen nicht. Aber ich weiß: Dauerhafte Erreichbarkeit macht krank. Vor allem, wenn der Kalender gerade leer ist.
Mein Gegengewicht: Struktur, echte Pausen – und Bewegung. 🧘♀️🏃♀️
Mein Tag beginnt um 5:30 Uhr – freiwillig. Diese eine Stunde am Morgen, bevor der Rest der Familie aufwacht, gehört nur mir. Dann ziehe ich mich richtig an – Jogginghose im Job? Nicht bei mir. Ich brauche das Gefühl, in den Arbeitsmodus zu kommen. Mein Büro ist mein Raum – mit Tür, höhenverstellbarem Schreibtisch, zwei Monitoren und allem, was ich brauche, um konzentriert arbeiten zu können. Wenn ich Feierabend habe, schließe ich die Tür.
Und ganz wichtig – was ich früher unterschätzt habe: Bewegung. Regelmäßig. Und bewusst. Denn stundenlanges Sitzen, Tag für Tag – das rächt sich. Mit 49 ist der Hüftspeck ein treuerer Begleiter als so mancher Ex-Freund. Und schwerer loszuwerden als ein Tattoo im Nacken. 😅Also: Ich gehe spazieren. Ich treibe Sport. Nicht jeden Tag, aber regelmäßig. Nicht aus Eitelkeit – sondern aus Selbstfürsorge.
Zwischen Konzentration und Kaffeeduft ☕
Die ersten zwei Stunden am Morgen in meinem Büro sind meine produktivste Zeit. Da stört noch niemand, da plane ich meinen Tag, lese Mails, setze Prioritäten. Kein Smalltalk, keine Anrufe – nur ich und meine Aufgabenliste.
Fazit? Home-Office ist ein Geschenk – mit Bedingungen. 🎁
Es erfordert mehr Eigenverantwortung, mehr Struktur, mehr Balance. Es bringt Freiheit – aber auch neue Herausforderungen. Und: Es verändert die Art, wie wir arbeiten, wie wir leben – und wie wir mit uns selbst umgehen.
Für mich persönlich war es der Schritt in einen besseren Alltag. Mehr Nähe zur Familie. Mehr Raum für mich. Aber es braucht klare Regeln, gute Technik, ein bisschen Humor –
und manchmal einfach nur jemanden, der sagt: „Du darfst auch mal gelb/grau sein.“







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